Die Heilige Schwester Maria Faustyna (Helena) Kowalska
Name bedeutet: Maria: die Beleibte/die Schöne/die Bittere/die von Gott Geliebte (aramäisch)
Faustyna: die kleine Glücksbringerin (latein.)
Nonne, Mystikerin
* 25. August 1905 in Glogowiec bei Lodz in Polen
+ 5. Oktober 1938 in Kraków
Schwester Maria Faustyna, mit bürgerlichem Namen Helena Kowalska, wurde am 25. August 1905 in Polen geboren.
Sie wuchs mit neun Geschwistern auf. Ihre Eltern erzogen sie fürsorglich; durch die ärmlichen Verhältnisse konnten sie ihr jedoch nur die spärliche Ausbildung von drei Grundschuljahren ermöglichen. Im Alter von 20 Jahren trat sie, nach vielen Hindernissen, am 1. August 1925 in den Orden von der "Muttergottes der Barmherzigkeit" in Warschau ein, das Noviziat verbrachte sie in Krakau/Kraków und erhielt den Ordensnamen Maria Faustyna. Als Laienschwester arbeitete sie in verschiedenen Ordenshäusern in der Küche, Bäckerei, Gärtnerei oder als Pförtnerin.
Sr. Faustyna wurden Erscheinungen Jesu und der Gottesmutter zuteil.
Sie wurde von Jesus zur Künderin der unergründlichen Göttlichen Barmherzigkeit erwählt.
Mit brennender Liebe, durch Sühneleistungen, in ihrem Gebet sowie durch ein im Verborgenen geübtes Opferleben erflehte sie die Barmherzigkeit Gottes für die Welt. Sie starb am 5. Oktober 1938 mit 33 Jahren im Rufe der Heiligkeit im Krakauer Kloster Josefow an Tuberkulose.
Am 25. November 1966 wurde sie exhumiert und ihr Grab in die Klosterkirche verlegt. Kardinal Karol Wojtyla schloss am 20. September 1967 den Informationsprozess ab und übersandte die Akten nach Rom.
Kanonisation: Am Weißen Sonntag, dem Sonntag nach Ostern, am 18. April 1993, erfolgte in Rom die Seligsprechung durch Papst Johannes Paul II. Die Heiligsprechung Faustynas erfolgte durch denselben Papst am Weißen Sonntag, den 30. April 2000 (auch Barmherzigkeitssonntag genannt) in Rom; zugleich legte Papst Johannes Paul II. fest, dass die ganze Kirche am Weißen Sonntag das Fest der Göttlichen Barmherzigkeit feiert.
Apostolatsfeuer:
Schwester Faustyna:
"...Der Herr gab mir zu erkennen, wie sehr Ihm angelegen ist, dass die Seele sich mit Liebe der Tat auszeichnet. Im Geiste sah ich, dass viele Seelen zu uns rufen "Gebt uns Gott", was das apostolische Blut in mir aufwallte. Ich werde es nicht geizen, sondern für die unsterblichen Seelen bis zum letzten Tropfen hingeben, obwohl es Gott vielleicht physisch nicht verlangen wird. Im geistigen Sinn ist mir das möglich und der Verdienst ist nicht geringer."
"Ich will die ganze Welt durchgehen und den Seelen die große Barmherzigkeit Gottes kunden.
„Mein Herz verlangt nach meinem Gott, der Tag und Nacht in unserer Mitte lebt. Als weiße Hostie gibt er sich hin, Er, Der das ganze All bewegt.“
„Mein Herz sehnt sich nach jener Stelle, wo mein Herr weilt, verhüllt in Liebe ganz verzehrt. Es spürt die lichte Lebensquelle, den wahren Gott, Der hier verborgen währt.“
„Mein Entzücken ist es, soviel Zeit wie möglich zu Füßen des verborgenen Herrn zu verbringen.“
„O verborgener Jesus, glorreiches Pfand meiner Auferstehung, in Dir ist der Mittelpunkt meines ganzen Lebens.“
(Auszüge aus dem Tagebuch von Sr. Faustyna)
Jesus zu Sr. Faustyna:
„Schreibe: Ich bin dreimal heilig und verabscheue die kleinste Sünde. Ich kann eine Seele nicht lieben, die mit der Sünde befleckt ist, aber sobald sie bereut, sind Meiner Großzügigkeit ihr gegenüber keine Grenzen gesetzt. Meine Barmherzigkeit umfängt und rechtfertigt sie. Mit Meiner Barmherzigkeit verfolge Ich die Sünder auf all ihren Wegen und wenn sie zu Mir zurückkehren, freut sich Mein Herz. Die Bitterkeit, mit der sie Mein Herz getränkt haben, vergesse ich und freue Mich über ihre Rückkehr. Sage den Sündern, dass keiner vor Meiner Hand entflieht. Wenn sie vor Meinem barmherzigen Herzen fliehen, fallen sie in Meine gerechten Hände. Sage den Sündern, dass Ich stets auf sie warte, dass Ich am Pulsschlag ihres Herzens höre, wann es für Mich zu schlagen beginnt. Schreibe, dass Ich durch Gewissensbisse zu ihnen spreche, durch Misserfolg, und Leiden, durch Gewitter und Blitze, durch die Stimme der Kirche; wenn sie aber alle Meine Gnaden zunichte werden lassen, beginne Ich zu zürnen und überlasse sie sich selbst und gebe, was sie begehren“.
Sakrament der Versöhnung und Buße
Worte Jesu, des Herrn, zu Schwester Faustyna:
„Wenn du zur Heiligen Beichte kommst, zur Quelle Meiner Barmherzigkeit, fließt stets auf deine Seele Mein aus dem Herzen quellendes Blut und Wasser und veredelt deine Seele. Jedes Mal, wenn du zur Heiligen Beichte gehst, tauche mit großem Vertrauen ganz in Meiner Barmherzigkeit unter, damit Ich über Deine Seele die Fülle Meiner Gnaden ergießen kann. Wenn du zur Beichte kommst, wisse, dass Ich Selbst im Beichtstuhl auf dich warte. Ich verhülle Mich nur mit dem Priester, aber in der Seele wirke Ich Selbst. Hier begegnet das Elend der Seele dem Gott der Barmherzigkeit. Sage den Seelen, dass sie aus dieser Quelle der Barmherzigkeit nur mit dem Gefäß des Vertrauens schöpfen können. Wenn ihr Vertrauen groß ist, ist Meine Freigebigkeit grenzenlos. Ströme Meiner Gnade überfluten demütige Seelen. Hochmütige sind immer in Armut und Elend, denn Meine Gnade wendet sich von ihnen ab, hin zu den demütigen Seelen.“
„Sage den Seelen, wo sie Trost suchen sollen - im Tribunal der Barmherzigkeit, dort gibt es die größten Wunder, die sich ununterbrochen wiederholen. Um dieses Wunder zu erreichen, bedarf es keiner weiten Pilgerfahrt, auch nicht äußerer Zeremonien, sondern es genügt, zu Füßen Meines Stellvertreters gläubig hinzutreten und vor ihm sein Elend auszusprechen. Dann zeigt sich das Wunder der Barmherzigkeit in seiner ganzen Fülle. Auch wenn die Seele wie eine verwesende Leiche wäre und eine Belebung, menschlich gesehen, ausgeschlossen und alles schon verloren - so ist es anders bei Gott. Das Wunder der Barmherzigkeit Gottes belebt die Seele vollends.“
(Auszüge aus dem Tagebuch von Sr. Faustyna)
Die Heilige Kommunion
Worte Jesu, des Herrn, zu Schwester Faustyna:
„Meine Wonne ist es, Mich mit den Seelen zu vereinigen.“
„Wenn Ich in der Heiligen Kommunion ins Herz der Menschen komme, sind Meine Hände voller Gnaden, die Ich den Seelen geben will. Aber sie beachten Mich nicht; sie lassen Mich allein und befassen sich mit etwas anderem. Es macht Mich traurig, dass die Seelen die Liebe nicht erkannt haben.“
„Oh, wie mir das wehtut, dass die Seelen sich so wenig in der Heiligen Kommunion mit Mir verbinden. Ich warte auf Seelen und sie sind Mir gegenüber gleichgültig. Ich liebe sie so zärtlich und aufrichtig und sie glauben Mir nicht. Ich will sie mit Gnaden überhäufen - sie wollen sie nicht annehmen. Sie gehen mit Mir um, wie mit etwas Totem, aber Ich habe ein Herz voller Liebe und Barmherzigkeit.
„Damit du ein wenig Meinen Schmerz erkennst, stelle dir die zärtlichste Mutter vor, die ihre Kinder sehr liebt, doch die Kinder verschmähen die Lieber der Mutter. Betrachte ihren Schmerz, niemand vermag sie zu trösten. Das ist ein blasses Bild und Abbild Meiner Liebe.“
(Auszüge aus dem Tagebuch von Sr. Faustyna)
Die Heilige Kommunion im Leben der Schwester Faustyna
Schwester Faustyna:
„Der festliche Augenblick meines Lebens ist der, in dem ich die Heilige Kommunion empfange. Ich sehne mich nach jeder heiligen Kommunion.“
„Für jede heilige Kommunion danke ich der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.“
„Wenn Engel neidisch sein könnten, würden sie uns um zwei Dinge beneiden: Erstens, um den Empfang der Heiligen Kommunion; Zweitens, um das Leiden.“
„Heute bereite ich mich auf das Kommen des Königs vor. Was bin ich, und was bist Du, o Herr, König der Herrlichkeit - der ewigen Herrlichkeit. O Herz, bist du dir bewusst, wer heute zu dir kommt? Ja, ich weiß es, aber seltsamerweise kann ich das nicht begreifen. Wäre es nur ein König, aber es ist der König der Könige, der Herr der Herrscher. Vor Ihm erbebt alle Macht und Gewalt.“
„Heute kommt Er in mein Herz. Ich höre, dass Er naht, eile Ihm entgegen und lade Ihn ein.“
„Als Er die Wohnung meines Herzens betrat, wurde meine Seele von so großer Ehrerbietung ergriffen, dass sie bestürzt zu Seinen Füßen in Ohnmacht fiel.“ Jesus reicht ihr Seine Hand und ließ sie gütig neben Sich sitzen. Er besänftigte sie: „Du siehst, Ich habe den Thron des Himmels verlassen, um Mich mit dir zu vereinigen. Was du siehst, ist lediglich der Saum und schon fällt deine Seele vor Liebe in Ohnmacht. Doch wie wird dein Herz erstaunt sein, wenn du Mich in der ganzen Herrlichkeit erblickst? Aber ich will dir sagen, dass das Ewige Leben schon hier auf Erden seinen Anfang durch die Heilige Kommunion nehmen muss. Jede Heilige Kommunion macht dich fähiger, in der Ewigkeit Umgang mit Gott zu pflegen.“
(Auszüge aus dem Tagebuch von Sr. Faustyna)
„O unbegreifliche und unergründliche
Barmherzigkeit Gottes,
wer vermag dich würdig zu ehren und zu rühmen?
Du größte Eigenschaft des Allmächtigen Gottes,
Du süße Hoffnung des sündigen Menschen.”
(aus dem Tagebuch von Sr. Faustyna)
Sr. Faustyna: "Einmal ging ich mit einer meiner Schwestern zum Ball. Als alle in bester Stimmung waren, empfand meine Seele innere Qualen. Im Moment, als ich zu tanzen anfing, erblickte ich neben mir Jesus; den geschundenen, entblößten Jesus, ganz mit Wunden bedeckt, der zu mir die Worte sprach: Wie lange soll ich dich ertragen, und wie lange wirst du mich hinhalten? In dem Augenblick verstummte die liebliche Musik, die Gesellschaft, in der ich mich befand, verschwand mir aus den Augen, es blieben Jesus und ich. Ich setzte mich neben meine liebe Schwester und versuchte, was in meiner Seele vorging, mit Kopfweh zu verdecken. Nach einer Weile verließ ich heimlich die Gesellschaft und meine liebe Schwester und begab mich in die Kathedrale des Hl. Stanislaw Kostka. Die Morgenstunde begann zu grauen, nur wenige Menschen waren in der Kathedrale. Auf nichts achtend, was um mich geschah, warf ich mich vor dem Allerheiligsten Sakrament nieder und bat den Herrn, mich erkennen zu lassen, was ich weiter tun sollte. Sogleich hörte ich die Worte: Fahre sofort nach Warszawa, dort wirst du ins Kloster eintreten. Ich erhob mich vom Gebet, kam nach Hause und verrichtete notwendige Dinge. So gut ich konnte, habe ich meiner Schwester anvertraut, was in meiner Seele geschehen war, und sagte ihr, sie soll die Eltern von mir verabschieden und so, in meinem einzigen Kleid, ohne alles, kam ich nach Warszawa." ...
(aus dem Tagebuch von Sr. Faustyna).
Maria Valtorta: Einführung in Leben, Werk, Bedeutung
Maria Valtorta (1897-1961) wurde in Caserta in der Nähe von Neapel geboren. Nach verschiedenen Umzügen erwarb die aus der Lombardei stammende Familie 1924 ein Haus in der Küstenstadt Viareggio nördlich von Lucca, worin Maria Valtorta bis zu ihrem Tod wohnte. Sie war das einzige Kind von Giuseppe Valtorta (1862-1935), einem Berufsoffizier der italienischen Armee, der der Familie eine gehobene soziale Stellung sicherte, und seiner Ehefrau Iside Fioranzi (1861-1943), die Französischlehrerin war. Marias Mutter war streng, herrschsüchtig und selbstsüchtig. Sie hinderte ihre Tochter an einer ihren Anlagen gemäßen Ausbildung und vereitelte eine geplante Eheschließung. Alle Herzenswärme hingegen erhielt sie von ihrem Vater, der ihre große Wißbegierde stillte, ihr die Schönheiten der Natur erschloß und mit dem sie eine scharfe Beobachtungsgabe teilte. Die familiären Konflikte belasteten ihn seelisch so sehr, daß er vorzeitig seinen Beruf aufgeben mußte.
Während ihrer Schulzeit fiel Maria Valtorta durch hohe sprachliche Begabung, Phantasie und stilistische Gewandtheit auf. Nach ihrer Schulzeit war sie – während des 1. Weltkrieges – als Krankenschwester tätig. Später trat sie in die katholische Aktion ein und widmete sich dort der Jugendarbeit und hielt Vorträge. Wegen eines schweren Rückenleidens konnte sie ab 1934 das Bett nicht mehr verlassen.
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Maria Valtorta1912 und 1943 |
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Nach dem Willen Jesu, zu dem sie schon in ihrer Kindheit ein inniges Verhältnis hatte, opferte sie ihre schweren körperlichen und seelischen Leiden für Kirche und Welt auf.
Auf Anweisung ihres Seelenführers verfaßte sie im Jahre 1943 mit erzählerischer Lebendigkeit und tiefem Empfindungsvermögen eine Autobiographie, die ihre lebensbejahende, temperamentvolle Natur und ihre Fähigkeit zu religiöser Hingabe zeigt. Noch im selben Jahr erhielt sie die ersten Visionen über das Leben Jesu, die sie mit ihrer eigenen Fähigkeit der Beobachtung und Empfindung und nach Diktaten Jesu niederschrieb. In den folgenden Jahren entstanden so insgesamt 714 Kapitel, in denen Personen und Ereignisse eine zeitlich und räumlich zusammenhängende Einheit bilden.
Maria Valtortas Werk "Der Gottmensch" ist von der Kirche nicht offiziell approbiert, doch hat sich Papst Pius XII. 1948 darüber anerkennend und treffend geäußert: "Veröffentlicht dieses Werk, so wie es ist. Wer es liest, wird es verstehen."
BEDEUTUNG
Unter den zahlreichen Privatoffenbarungen der letzten Jahrzehnte ist das Werk Maria Valtortas aus drei Gründen von aktueller Bedeutung:
1. Seit die neutestamentlichen Schriften unter historischen und literargeschichtlichen Gesichtspunkten erforscht werden, verschiebt sich die Objektivität ihrer Inhalte zu immer größerer Relativität. Die Einheit des menschgewordenen Logos und Hauptes seiner Kirche wird zerrissen in den historischen Jesus und den Christus des Glaubens. Als Folge dieser einseitigen Sichtweise schwindet die Glaubenssubstanz vieler Theologen, und das, was sich in ihrem Namen an Irrtümern und Halbwahrheiten verbreitet, wird von den Gegnern des Christentums begierig aufgegriffen und als wirksame Waffe verwendet.
Der Unglaube der meisten Exegeten zeigt sich im Ansatz darin, daß sie die Autorschaft der Evangelien eher anonymen Verfassern, Gemeinschaftskräften und literarischen Gepflogenheiten zuschreiben als den überlieferten Autoren. Das Zeugnis der Person als Kern der Glaubwürdigkeit des Evangeliums und als Quelle der Ausbreitung des christlichen Glaubens ist weitgehend aus dem Blickfeld ihrer Wissenschaft gewichen.
2. Das heutige christliche Selbstverständnis ist durch Demokratie und Individualismus geprägt. Die daraus erwachsende Denkweise entfernt sich einerseits zunehmend von der Denkebene der kirchlichen Lehre und bringt für deren Autorität und für die Schätze kirchlicher Überlieferung (Kenntnis und Wertschätzung der Heiligen, Frömmigkeitsformen usw.) immer weniger Verständnis auf, andererseits führt sie dazu, daß gläubige Christen einen direkten Zugang zu den Evangelientexten suchen, wobei ihr Vorstellungsvermögen ihr Alltagsbewußtsein nicht weit übersteigt. Sie erwägen viele persönliche Ansichten, erfassen aber nicht die Heilsmächtigkeit der dargestellten Ereignisse und gesprochenen Worte.
3. Heutzutage scheinen die Menschen, die einen Teil ihrer täglichen Freizeit dem Fernsehen widmen, Sinnhaftigkeit menschlichen Lebens im sinnlich Erlebbaren zu suchen. Was sich jahrhundertelange Meditation über das Leben Jesu konkret vorzustellen versuchte, ist in Maria Valtortas Werk greifbare Realität geworden. Valtortas Werk kommt dem modernen Bedürfnis für Detailgenauigkeit auf allen Wahrnehmungsebenen und für die Dramatik und Ausführlichkeit des Wortes entgegen.
Wie sollte man dieses Werk lesen? Diese Frage zu stellen ist sehr wichtig, da es – wie besonders aus englischsprachigen Internetseiten zu entnehmen – auch entschiedene Gegner hat. Folgende Orientierungspunkte könnten hilfreich sein:
1. Das Werk sollte wie jeder andere literarischer Text vorurteilsfrei und ohne bestimmte religiöse Voreinstellung gelesen werden. Denn das ist der Vorteil von Privatoffenbarungen, daß sie keine verbindliche Lehre der Kirche darstellen. Sie wenden sich zwar an die ganze Kirche, aber ebenso an jeden Einzelnen, der in eigener Verantwortung über ihren geistlichen Nutzen entscheiden kann.
Man kann also den religiösen Charakter des Werks zunächst im Hintergrund belassen und sich je nach spontaner innerer Bereitschaft inhaltlichen Aussagen öffnen. Auf diese Weise wird ein innerer Gesamteindruck allein durch die Wirksamkeit des Wortes erzeugt.
2. Der Leser braucht sich nicht durch die Frage beunruhigen zu lassen, ob denn das, was er liest, tatsächlich so geschehen ist. Denn wie jeder gute Roman Wahrheiten über das menschliche Leben enthält, so mag es in Valtortas Werk Unterschiede zwischen Wirklichkeit und literarischer Darstellung geben, aber beide treffen sich in ihrem inneren Wahrheitsgehalt.
Da die Aussagen von Privatoffenbarungen über das Leben Jesu, z.B. durch Maria von Agreda (1694-1766), Maria Cäcilia Baij (1602-1665) und Anna Katharina Emmerick (1774-1824), nicht selten beträchtlich voneinander abweichen, sollte man mit einiger Zurückhaltung eine einzelne Darstellungsweise als authentisch erklären. Man sollte offen bleiben für die historische Wahrheit unterschiedlicher Darstellungen, kann aber – im Vergleich der Privatoffenbarungen untereinander und mit den Evangelien – größere oder geringere Wahrscheinlichkeiten erwägen.
Es ist zu bedenken, daß sich das Wort Gottes an alle Menschen aller Zeiten richtet und sich an die Bedürfnisse und an die Vorstellungswelt einer geschichtlichen Epoche anpaßt, also auch unserer heutigen Zeit. Jesus verkündet das Evangelium nicht so sehr an diesem oder jenem Ort in Palästina und nicht mit diesen oder jenen Worten, sondern er will es überall dort wirksam werden lassen, wo er mit Menschen zusammentrifft. So können wir vielleicht sagen, authentisch sind nur Gottes Wahrheit und Liebe und das menschliche Herz. Wir dürfen aber darauf vertrauen, daß auch für Privatoffenbarungen das heilsgeschichtliche Wort Jesu gilt: Der Heilige Geist wird euch in die ganze Wahrheit einführen (Joh 16,13), so daß Valtortas Werk der geschichtlichen Wahrheit am nächsten kommt.
Überhaupt hüte man sich vor einem falschen Realismus. Die unzähligen Dialoge vernahm die Seherin in ihrer Muttersprache Italienisch. Wenn sich Jesus mit einem Römer unterhält, tat er es in der historischen Situation vielleicht auf Latein. Aber wie ist eine Gesprächssituation zu bewerten, wenn Tempelpriester Jesus das Predigen im Tempel verbieten und der einfache römische Soldat Alexander einen Einwand dagegen äußert? Sprachen die Priester etwa griechisch als lingua franca und konnte Alexander ausreichend Griechisch? Vermutlich verwendeten die Priester ihre Muttersprache, die der Römer keineswegs verstehen konnte. Wenn wir das Verständigungsproblem außer Acht lassen, bleibt als wesentliches Thema der Mentalitätskonflikt zwischen Juden und Heiden, zwischen Beherrschten und Besatzern. Darauf kommt es der göttlichen Inspiration an.
3. Die Texte sollten mit einer sensiblen Offenheit für das Wahre, Gute und Schöne gelesen werden. Der Leser sollte bereit sein, Szenen von Liebe, Zärtlichkeit und Freundschaft anzunehmen, aber auch solche nicht als übertrieben auszuschließen, die Abgründe von Leidenschaft, Verzweiflung, Verderbnis und Haß auftun. Er sollte sich weiterhin von der Heiligkeit und Vollkommenheit göttlichen Heilswirkens berühren lassen.
4. Dialogszenen haben eine dreifache Funktion:
– Sie zeigen lebensvolle Charaktere aus Fleisch und Blut, die durch Äußerungen ihre innere Verfaßtheit, Ängste, Hoffnungen und Gefühlsregungen kundtun.
– Falls manche dargestellte Personen einen mystischen Erfahrungsbereich haben, wird dieser in eine Sprechweise transponiert, die sich als innere Einsicht oder als Ahnung äußert.
– Sie behandeln manche theologische Themen, die in den Evangelien weniger berücksichtigt sind, z.B. Marias Absicht, ein jungfräuliches Leben zu führen, um dem in Kürze zu erwartenden Messias zu dienen.
Gegnerschaft und Vorbehalte gegen Valtortas Werk scheinen hauptsächlich auf zwei Gründen zu beruhen:
1. Der Leser erlebt Worte und Gesten tiefster Liebe und inniger Zärtlichkeit. Menschen, deren Religiosität mit einer gewissen strengen Gefühlskontrolle einhergeht, nehmen Anstoß an zärtlichen Szenen und scheuen sich z.B. nicht, die Darstellung der Beziehung zwischen Jesus und Johannes als homosexuell zu bezeichnen.
2. Jeder religiöse Christ formt sein Verhältnis zu Jesus aus der knappen Darstellungsweise der Evangelien. Für manche Christen geht jedoch ein Jesus zum Anfassen, wie Valtorta ihn zeigt, zu weit. Auf einen solchen Jesus können sie sich nicht einlassen und in unreflektierter emotionaler Abwehr halten sie das, was in Wirklichkeit hohe literarische Leistung ist, für sentimentalen Kitsch. Andere entdecken plötzlich ihre Treue zu den Evangelien und betrachten Valtortas Werk als ein unnötiges und unzumutbares Konkurrenzunternehmen.
In welchem Verhältnis stehen die Evangelien zum Werk Valtortas? In erster Linie handelt es sich um einen Unterschied der Textgestalt. Die Evangelien bieten auf knappstem Raum das über das Leben und Wirken Jesu, was für die Gesamtheit des christlichen Glaubens unerläßlich ist. Inhalt und Sprache verzichten daher auf entbehrliche Details. Valtortas Werk hingegen stellt Worte und Taten Jesu mitsamt ihren Begleitumständen so ausführlich dar wie es den Absichten Jesu, des Urhebers der Visionen, entspricht. Fast jedes Kapitel ist durch Beschreibung der Seherin, durch Dialogszenen und Reden ausgestaltet. Vieles, was vielleicht in den Evangelien etwas knapp ausfällt, gewinnt in seinem ausführlicheren Gewand mehr an Plastizität, Farbe und Überzeugungskraft. Viele Personen, von denen uns aus den Evangelien nichts oder sehr wenig bekannt ist, werden in einer Szene eingeführt und erscheinen später, mehr oder weniger häufig, wieder.
Auf den gläubigen Christen, den moderne Bibelforschung und antichristliches Schrifttum verunsichern, übt das Werk Valtortas vor allem diese Wirkung aus: daß die Evangelien tatsächlich authentisch sind. Manche darin enthaltene Reden sind so gewaltig, daß sie kein menschlicher Geist ersinnen könnte. Kein unbefangener Leser kann sich der inneren Glaubwürdigkeit der dargestellten Ereignisse, Personen und Worte entziehen.
Das 12-bändige Werk kann in Einzelbänden vom Parvis Verlag bezogen werden.
Leseprobe: Jesus erklärt einem jungen Mann den Begriff der Vollkommenheit.
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